Ich möchte in diesem Thread ein Thema ansprechen, das bei mir grosse Zweifel und viele Fragezeichen hervorruft. Es geht um die hier allgemein verbreitete Meinung/Behauptung, dass man per DSP bzw. entsprechende LZK die Position der Bühne nach Bedarf korrigieren, sprich die ganze Bühne beliebig von rechts nach links "verschieben" kann. Da mir diese Behauptung rein physikalisch sehr suspekt vorkommt, habe ich mir ein paar Gedanken darüber gemacht, versucht diese hier zu darzulegen und eine Hypothese aufgestellt, dass diese Behauptung ein Quatsch ist. Mag sein, dass ich mich irre, aber dann wäre ich auf eine plausible Erklärung und Verbesserung neugierig.
Unter plausibel verstehe ich nicht "es muss richtig sein, weil ich es schon hundert mal gemacht habe" oder "alle machen es so, also es muss richtig sein". Solche Erklärung interessiert mich nicht. Mich interessiert eher nach welchem Prinzip es funktionieren soll.
Allso zur Sache.
Zuerst habe ich versucht auf dem Bild 1 darzustellen, was die LZK eigentlich macht und wozu sie gedacht ist.
Da im Auto prinzipbedingt die einzelnen Chassis (HT, TMT, Sub) an verschiedenen Orten verbaut sind, ist ein Bilden einer angestrebten "punktuellen" Schalquelle nur durch Manipulation der Laufzeit der einzelnen Chassis möglich. Das heisst, dass das Signal des näherliegenden Chassis (z.B. des Hochtöners) "zeitlich" verzögert wird, damit es zeitgleich mit dem gleichen Signal aus dem weiterliegenden Tiefmitteltöner das Ohr erreicht. Zur Vereinfachung betrachte ich zuerst nur ein Kanal (also als ob es nur den rechten Kanal gäbe, oder als ob das Signal nur in dem rechten Kanal vorhanden wäre) und nehme an, dass die Chassis auf einer Achse positioniert sind.
Auf dem Bild 1 wird der per LZK verzögerte Hochtöner rot-gestriechelt dargestellt. Durch die LZK rückt er entlang der Achse nach hinten und bildet eine "Scheinschallquelle", die wie gewünscht deckungsgleich ist mit dem Tiefmitteltöner. Diese Verschiebung wird von beiden Ohren gleich wahrgenommen (Verzögerung um den gleichen Betrag), also es fand nur eine Verschiebung nach hinten aber nicht seitlich statt.
Und jetzt kommen wir zum seitlichen Verschieben.
Für die räumliche Ortung einer Schallquelle brauchen wir (vereinfacht) zwei Ohren.
Ich habe bewusst weitere Parameter/Aspekte, die das räumliche Empfinden bestimmen ignoriert, da sie nicht per LZK manipuliert werden und für diese Betrachtung irrelevant sind.
Auf dem Bild 2 wird eine Schallquelle in Position 1 dargestellt.
Hier betrachte ich erneut nur ein Kanal bzw. ein Signal, das nur in einem Kanal vorhanden ist. Position solcher Schallquelle wird (vereinfacht) vom Gehirn dadurch bestimmt, in dem die Laufzeitdifferenz zw. dem linken und rechten Ohr ausgewertet wird. Ist die Laufzeitdifferenz gross, muss die Schallquelle seitlich liegen, ist die Laufzeitdifferenz gleich Null, liegt die Schallquelle mittig/vorne (oder hinten).
Und jetzt wir langsam spannend. Um solche Schallquelle "virtuell" per LZK seitlich zu verschieben (z.B. auf die Position 2), sagen wir mal um das rechte Ohr um einen bestimmten Winkel zu drehen, müsste ich jetzt die LZK für eine und die gleiche Schallquelle individuell für das linke und rechte Ohr manipulieren. UND DAS GEHT NICH!!!
Zur Verdeutlichung: auf dem Bild 2 sehen wir, dass nach der "virtuellen" Verschiebung der Schallquelle in Position 2 der Abstand zum rechten Ohr unverändert blieb, aber zum linken Ohr verringert wurde. Somit verringerte sich die ursprüngliche Laufzeitdifferenz LZD 1 auf LZD 2.
Das müsste per LZK so umgesetzt werden, dass das Signal z.B. unverändert das rechte Ohr erreicht -> LZK(R) = 0 und das gleiche Signal um die LZK(L) = LZD1 - LZD2 "beschleunigt" das linke Ohr erreichen müsste. Und das geht per DSP eben nicht. DSP kann so ein Signal in einem Kanal für beide Ohren nur gleich manipulieren, was zu einer Verschiebung entlang der Achse (also weiter oder näher) aber nicht seitlich (nach links oder rechts) führt. Das sehen wir noch mal auf dem Bild 3.
Und ja, ich weiss dass man per DSP die Signale nur verzögern und nicht beschleunigen kann, aber das ist für diese Betrachtung irrelevant.
Was muss also passieren, damit die offensichtlich wahrnembare Bühneneverschiebung per LZK, von der ständig gesprochen wird, stattfindet?
Dazu brauchen wir (vereinfacht) zwei Schallquellen, die das gleiche Signal wiedergeben. Also ein Mono-Signal das durch Stereolautsprecher wiedergegeben wird. dazu habe ich das Bild 4 erstellt.
Wird das Monosignal "unmanipuliert" von beiden Lautsprechern wiedergegeben, wird es in der Position 1 geortet/wahrgenommen. Wird aber das gleiche Signal in einem der Kanäle per LZK manipuliert - siehe LZK(R) oder LZK(L) - wird es durch die von dem linken und rechten Ohr unterschiedlich wahrgenommenen Laufzeiten als seitliche Verschiebung ausgewertet.
Zur Verdeutlichung / Beispiel: die linke Schallquelle bleibt unverändert und die rechte Schallquelle wird um LZK(R) verzögert. Da die rechte Schallquelle, die dominant für das rechte Ohr ist, wird das Gehirn das an das rechte Ohr später ankommende Signal (sprich die Laufzeitdifferenz) als Verschiebung nach links auswerten.
Also es geht doch?
Ja, aber NUR FÜR DIE MONOANTEILE in dem Musiksignal, also für die Signale, die in beiden Kanälen vorhanden sind. Die Signale, die nur in einem der Kanäle vorhanden sind, lassen sich nicht seitlich verschieben!
Aber wir wissen doch, dass die Musik nicht aus reinen Monoanteilen und reinen Links-/Rechts-Signalen besteht. Es ist eine Mischung aus allem dazwischen. Das heisst in Konsequenz, dass die mononolästige Anteile wirksam verschoben werden, und die Stereoanteile je nach "Kanallästigkeit" unterschiedlich stark bzw. gar nicht verschoben werden. Das Verschieben der Bühne ist zwar wahrnehmbar (wie es behauptet wird), aber es wird nicht alles gleich verschoben. Die Positionsverhältnisse ändern sich -> es macht de Facto die ursprüngliche räumliche Aufteilung Kaputt!!!
Zur Vereinfachung/Beispiel:
Wir haben ein Kontrabass nur Links, ein Schlagzeuger in der Mitte ("mono") und ein Saxophon nur rechts. Jetzt verzögern wir per LZK den rechten Kanal. Der Kontrabassist bleibt wo er war, der Schlagzeuger rutscht nach links und kuschelt plötzlich mit dem Bassist, und der Saxophonist steht unverändert alleine in der gleichen Ecke wo er war, aber etwas weiter weg.
Und das ist das, was ich bereits an einer anderen Stelle (in einem anderen) Thread als matschige Bühne bezeichnet hatte.
Ich bin gespannt auf Eure "Gegenmeinung" bzw. weitere Erklärung.