Erfahrungsbericht aus der Car&Hifi 1/2012

Benny schrieb:
Ich glaub die Mühe des Nachbauens kann man sich auch sparen.

http://www.spiegel.de/wissenschaft/tech ... 48,00.html

...und wieder einmal ein "Blindtest", der den Mythos Stradivari entzaubern soll. Die Idee ist nicht neu, bei Interesse an speziell dieser Thematik kann ich für den "Selbstblindtest" diese CD empfehlen.

Das Problem am Ausprobieren von Instrumenten ist nur immer wieder, dass sich die Instrumente zum einen im Klang am Ohr und im Saal deutlich unterscheiden -
vor allem in ihrer "Tragfähigkeit" (dem "Bssssss" im Klang :D ), was man in einem Hotelzimmer sicher nicht erkennen kann - zum anderen gibt es zu viele andere
Faktoren die bei diesem Blindtest (oder dem was davon in der Presse ankommt) gleichgesetzt werden.

- Wie soll jemand, der selbst ein "billiges" Instrument spielt, eine Stradivari erkennen? (Wurden hier tatsächlich Laien und - in Instrumenten - erfahrene Musiker in einen Topf geworfen?

- Woher stammten die Stradivaris? Waren sie "eingespielt"? Denn auch die beste Geige spielt sich und klingt zunächst "furchtbar", bis sie wieder klanglich "geweckt" wurde.(Kann man z.B. beim Paganini-Wettbewerb beobachten, wo die Gewinner immer wieder darauf verzichten auf Paganinis "Canone" zu spielen, da diese die meiste Zeit ungespielt im Museum hängt)

Ich weiß, war etwas :ot: , aber ohne weitere Infos sagt dieser "Blindtest" für mich zunächst nichts aus. :taetschel:
 
- Wie soll jemand, der selbst ein "billiges" Instrument spielt, eine Stradivari erkennen?

So wie jemand, der eine Stradivari spielt ein billiges Instrument erkennen sollte.

Um Kartoffelpü von Linsensuppe zu unterscheiden, muss ich nicht wissen, wie Linsensuppe schmeckt. Erstmal nur wie Kartoffelpü schmeckt und das dann im Vergleich anwenden. Analog im umgekehrten Fall. :thumbsup:

Das Problem am Ausprobieren von Instrumenten ist nur immer wieder, dass sich die Instrumente zum einen im Klang am Ohr und im Saal deutlich unterscheiden

Das ist folglich auch bei den Nicht-Stradivaris der Fall.

Waren sie "eingespielt"?

Schätzungsweise so viel oder wenig wie die neuen Instrumente. Die waren "wenige Tage bis Jahre alt".

Hier wird kein Mythos zerstört, hier werden für kurze Zeit Emotionen ausgeblendet.
Für mich ändert sich da nichts großartig. Eine Stradivari wird weiterhin was Besonderes bleiben und beim Bewusstsein, dass man gerade eine Stradivari hört, bestimmte Emotionen auslösen, die sich möglicherweise deutlich positiv auf das Gehörte auswirken. Feine Sache, macht allen Spaß.
 
- Wie soll jemand, der selbst ein "billiges" Instrument spielt, eine Stradivari erkennen?
So wie jemand, der eine Stradivari spielt ein billiges Instrument erkennen sollte.

Einspruch! :D Meist ist es in der Laufbahn eines Musikers so, dass er mit einem 'billigen' Schülerinstrument beginnt, sich später ein besseres (und dann evtl. noch ein besseres, und so weiter) kauft - oder, wenn er Glück hat, von einer Stiftung o.ä. ein Instrument geliehen bekommt.
Wir sehen: In der Entwicklung hin zu einer Strad bekommt man also mehrere Arten und "Klassen" von Instrumenten mit, bekommt einen breiteren Horizont, und damit eher die Fähigkeit Instrumente zu unterscheiden. Außerdem muß man meist schon sehr, sehr gut sein, um eine Strad geliehen zu bekommen.


Das Problem am Ausprobieren von Instrumenten ist nur immer wieder, dass sich die Instrumente zum einen im Klang am Ohr und im Saal deutlich unterscheiden
Das ist folglich auch bei den Nicht-Stradivaris der Fall.

Eben! Die Erfahrung lehrte (mich) nur hierbei, dass die Strads (abartige Umbauten, oder massiv unterfütterte Rekonstruktionen mal ausgenommen) hier einfach immer in der Spitzenklasse unterwegs sind, während es bei modernen Geigen nur ein paar seltene sind, die sich klanglich so durchsetzen können. Und dabei noch die mit dem Schlagwort "Modulationsfähigkeit" bewertete Breite in ihrem Klangspektrum anbieten.

Waren sie "eingespielt"?

Schätzungsweise so viel oder wenig wie die neuen Instrumente. Die waren "wenige Tage bis Jahre alt".

Sorry, diese Schätzung hilft hier wenig. Schwierig, dass für Laien verständlich zu erklären, aber ich versuchs mal ganz allgemein:
Um perfekt spielbar zu sein, und bestmöglich zu klingen, muss ein Instrument nicht nur gut gebaut, sondern auch richtig eingestellt und auch eingespielt sein.
Dabei ist das richtige (um nicht zu sagen: perfekte) Einstellen eine hohe Kunst, die bei weitem nicht jeder Geigenbauer beherrscht: Stimmgewicht der Saiten
(also wie stark jede Saite auf den Steg drückt) muss berücksichtigt werden, die Art, Länge und Position des Stimmstocks (ein kleines Hölzchen, dass
Decke und Boden miteinander verbindet), der Steg (der schwingende Teil, über den die Saiten gespannt sind) in Position, Machart und Material. Und noch viele "Kleinigkeiten", die aber enorme Auswirkungen haben können.
Dann muss das Instrument eingespielt sein, also vom Instrumentalisten selbst jüngst auf jedem Ton in jeder relevanten Lage "durchgeknetet" worden sein (sprich, das Holz sollte auf jeder Saite die relevanten Frequenzen abbekommen haben, um in diesen leichter zum Schwingen anregbar zu sein). Hört sich evtl. für den ein oder anderen hier nach Vodoo an, ist aber für die Spielbarkeit unglaublich wichtig. Man kann einem Instrument so bestimmte Eigenschaften (Ansprache, Obertonspektrum) regelrecht antrainieren. Spannend wird es hierbei bei alten Instrumenten. Die "erinnern" sich meistens an die Schwingungen und sind schneller wieder einzuspielen
(Ich durfte das selbst einmal auf einer Amati kennenlernen).


Hier wird kein Mythos zerstört, hier werden für kurze Zeit Emotionen ausgeblendet.

Richtige Einstellung! :thumbsup: den Mythos Stradivari halte ich in der Rezeption auch für überzeichnet! Es gibt moderne Instrumente, die mit einer Strad klanglich
mithalten können (siehe u.a. CD oben). Mich stört aber (u.a.), dass hier im Blindtest eine "Objektivität" erzwungen wurde, die einem Wissenschaftler ohne musikalischem Hintergrund evtl. einleuchten mag, mit den Realbedingungen für die Instrumente aber herzlich wenig gemein hat. Es würde ja auch keiner auf die Idee kommen, auf Eis einen RWD Sportwagen und einen 4x4 Lada Niva zu vergleichen - nur um mit dem Ergebnis herauszukommen, dass der Lada wegen seiner besseren Traktion schneller ist. :ugly:
Musiker, die ein Instrument ausprobieren, werden das immer auch im Saal probehören - und dabei auch andere spielen lassen um es 'von draußen' zu hören.


Für mich ändert sich da nichts großartig. Eine Stradivari wird weiterhin was Besonderes bleiben und beim Bewusstsein, dass man gerade eine Stradivari hört, bestimmte Emotionen auslösen, die sich möglicherweise deutlich positiv auf das Gehörte auswirken. Feine Sache, macht allen Spaß.

fair enough! Dazu nur eine kurze Anekdote aus dem Konzertbetrieb: Wir hatten eine Woche mit einem berühmten Violinisten, der - so seine Vita - eine
Stradivari spielt. Im Orchester kamen dazu schnell Fragen auf, weil da irgendwas nicht so recht passte. Gut, war eine moderne spanische Geige - die Strad war beim Geigenbauer. In Pause des ersten Konzerts durfte ich dann mit anhören, wie eine ältere Frau im Gespräch wissend anhob "Natürlich ist das eine Stradivari! Das HÖRT man doch!"
...Man hört viel, wenn man es denn so hören will. ;)


ok, genug :ot: , das wollte ich nur zum Seitenthema loswerden. :beer:
 
'Stefan' hier....ich schreib' dir ggf. heute Abend noch 'ne PN. ;)
 
Hallöchen...

zum Thema gutes Instrument, schlechtes Instument mag ich mal kurz was sagen... ein gut verarbeitetes und eingestelltes Instrument wird bei einem Anfänger selten gut klingen da es neben dem Instrument immer noch den Faktor Mensch gibt. Viele Dinge wie Intonation, Kraft, Vibrato usw. sind Erfahrungen die man sammelt und die irgendwann unbewusst ins Spiel einfliesen. Emotionen des Musikers sind aber genau so Faktoren die das Spiel beinflußen und somit den Klang eines Instrumentes.

Im gegensatz dazu klingt ein günstiges Instrument in den Händen eines guten Spielers, da er einfach weiß wie man das Instrument spielt.

Ganz Platt gesagt, einen Eric Clapton, Santana oder Hendrix erkennt man immer, egal ob er auf ner 50€ Klampfe dudelt oder auf einer 5000€ Klampfe Solis hinlegt.

Für mich ist es nicht das Instrument das gut Klingt, sonder der Mensch der es spielt. Gilt auch für ne Stradi... ;)

Liebe Grüße
Guido
 
Irgendwie erinnert mich diese Diskussion an die High-End vs. DSP-Diskussion :hammer:
 
Ach was....PN gestern nicht mehr geschafft, deshalb Kurzantwort:

Meist ist es in der Laufbahn eines Musikers so, [...]

Das bestätigt eigentlich das Testergebnis. Auch die langjährigen Musiker konnten keine signifikante Treffsicherheit erreichen, obwohl gerade sie es eigentlich sollten. Sollte man annehmen...

Sorry, diese Schätzung hilft hier wenig.

Richtig. Weder die, die in meine, noch die, die in deine Richtung geht. Das ist eben das einzige Textstück, das in der Richtung einen Hinweis zu geben scheint.
Also wird nur geraten...
Wieviel sich da bei einer Geige verändert, kann ich nicht beurteilen, weil ich andere Instrumente spiele.

Insgesamt ist das die normale Diskussion um einen Blindtest...kommt was Unerwartetes raus, müssen's eben die Bedingungen sein. :)
 
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