Auswirkungen eines zu großen Volumens für Subwoofer

der böse Golf

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Hallo,

grundsätzlich bin ich ja eher ein Freund von größeren Volumen um die Qtc im Gehäuse unter 0,7 zu drücken und mehr Tiefbasspegel und weniger Oberbass bzw. einen flacheren Verlauf zu erhalten...

Die Frage ist, ab wann wird ein zu großes Gehäuse kontraproduktiv und was sind die Auswirkungen?

Ich habe zwar keine konkreten Probleme im Bassbereich, bin aber immer auf der Suche nach Optimierungen...
Bei mir laufen zwei Intertechnik Nova MDS 08 im gemeinsamen geschlossenen Gehäuse mit 43l Volumen (brutto, aber die Verdrängung der Nova ist ja eher vernachlässigbarl) mit einem Paket Sonofil locker bedämpft. Das ergibt rechnerisch ne Qtc von ca. 0,62...

Meist wird ja um die 15l je MDS08 empfohlen... ich überschreite die Angabe ja schon relativ heftig (ca. 43% mehr!)... Was passiert da jetzt?
 
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, war das so, dass du mehr Tiefbass hast, allerdings auch mehr Hub. Bin mir aber nicht sicher, ob das alles war, was wichtig ist.
 
Für den Extremfall:

Die Übertragunsfunktion deines Subwoofers inklusive Gehäuse wird derjenigen Übertragungsfunktion deines Subwoofers ohne Gehäuse entsprechen, auch der Impedanzgang ist zum Betrieb ohne Gehäuse ident, dasselbe gilt für den Hub.
Einziger Unterschied: akustischer Kurzschluss ist vermieden, Ergebnis kommt einer riesigen Schallwand (OB) gleich.

Die Luftfeder als hubbegrenzende, flankenversteilernde (Hilfs)Komponente fehlt, einzig das Chassis als unterresonant federgehemmtes und überresonant massegehemmtes Pendel bleibt über und "bestimmt" den Hub in Abhängigkeit von Qts, der abfallenden Flanke, fs und wiedergegebener Frequenz.
Ist Qts 0,707 bleibt der Hub unterresonant bei einem Abfall des Schalldruckpegels von 12dB/Okt. (idealer Lautsprecher) frequenzunabhängig konstant, überresonant verringert sich der Hub -- hier haben Qts, Flanke & Co. keinen Einfluss, auch das Gehäuse nicht -- bei gleichbleibendem Schalldruckpegel pro Oktave auf 1/4 des Hubes bei der darunterliegenden Oktave. Frequenz und Hub hängen quadratisch zusammen.

Ist Qts kleiner/größer 0,707 und damit die Flanke flacher/steiler als 12dB/okt, wird der Hub unterresonant frequenzabhängig zunehmen/abnehmen, weil eben der Schalldruckpegel entsprechend höher/niedriger ist. Um das genauer zu beschreiben, müsste man für verschiedene Szenarien und Frequenzen nachrechnen.

Grobe Anhaltspunkte:
Halbe Frequenz, 1/4 Schalldruckpegel -> Hub_x
Halbe Frequenz, gleicher Schalldruckpegel -> 4*Hub_x
Doppelte Frequenz, gleicher Schalldruckpegel -> 1/4*Hub_x
Doppelte Frequenz, vierfacher Schalldruckpegel -> Hub_x

Die Frage:

der böse Golf schrieb:
Was passiert da jetzt?

exakt zu beantworten ist sehr schwierig bis unmöglich, weil es eben ein echter Lautsprecher ist. Was tendenziell und im Idealfall passiert, hab' ich grob hingeschrieben.
Ab wann wird's kontraproduktiv? Hmm...
Wenn mechanische und elektrische Belastbarkeit zu sehr auseinanderdriften.
Es ist allgemein sinnig, elektrische und mechanische Belastbarkeit möglichst nahe beieinander zu haben, Trennung, Gehäuse, EQ-Eingriffe etc. müssen dabei natürlich beachtet werden.

/Edit

An der Membranbewegung in sich, dem Ausschwingverhalten, Klirr etc. pp. wird sich sicher auch was ändern...da wird's aber mit der "Vorhersage" schon echt eng. ;)

/Edit2

Meist wird ja um die 15l je MDS08 empfohlen... ich überschreite die Angabe ja schon relativ heftig (ca. 43% mehr!)..

Kannste grundsätzlich druff pupen. Was andere empfehlen, was in ihrem Auto (für sie (vermeintlich))funktioniert, was andere sich bei ihrer Empfehlung denken [...] kann dir ja egal sein.
Ein 10er Ali geht ja auch erst ab 25 Litern und ein 10W6 macht erst ab einem kW Spaß...alles blabla, das man nicht wirklich ernst nehmen muss.
Wenn die Chassis bei dir weder anschlagen, noch durchbrennen und du den Platz opfern kannst -- passt.
 
ich versuchs mal einfacher:

das Vas gibt das eingeschlossene (Luft-)Volumen an, das in seiner (Gasdruck-)Federhärte der Summe der Einspannungshärten des Woofers (Sicke, Spinne) entspricht und federhärtenerhöhend auf die Membran wirkt. (Quasi-)statisch betrachtet. Man sollte bei Woofern, die nicht ausdrücklich für "Free Air" Betrieb ausgelegt sind, das Vas nicht überschreiten bei der Wahl seines geschlossenen Boxenvolumens. Leider sind sehr viele Woofer nicht "missbrauchssicher" konstruiert, was bei Free-Air-Betrieb die mechanische Belastung (Hub) deutlich früher als leistungsbergenzenden Faktor ergibt als die thermische. Diese Woofer brauchen die Federhärte des eingeschlossenen Luftvolumens des (dichten!) Gehäuses als zusätzliche Unterstützung.

Komplizierter wird es bei gezielt ventilierten Gehäusen (Bassreflex), die das Verhältnis von der Luftmasse im Rohr zur Luftmasse im Gehäuse zur gezielten Tilgung nutzen. Der Physiker Helmholtz hat das erstmals beschrieben. Die damit gebildeten Resonanzen wirken in einem engen Frequenzbereich federunterstützend auf den Woofer (weil die Luftmasse im Rohr gleichzeitig ins Gehäuse will, wie die Membran -> in Phase), wodurch er bei der Abstimmfreuqenz weniger Hub macht. Deshalb sollte die Abstimmfrequenz einer Bassreflexkonstruktion möglichst nahe der Freiluftresonanz (Fs) des Woofers liegen - dann hilft das BR am besten. Leider wirkt derselbe Resonator aber kontraproduktiv bei der halben Abstimmfrequenz, weil die Luft dann in umgekehrter Phase zur Woofermembran schwingt und der arme Woofer nun den doppelten Hub machen muss als geschlossen. Deshalb setzen manche Leute Subsonicfilter ein, die dem Woofer die Zufuhr von Frequenzen unterhalb der BR-Abstimmfrequenz abschneiden. Dann wird diese (für ihn mechanisch schädliche) Frequenz zwar nicht mehr zugeführt, kann aber durch Intermodulation verschiednener gleichzeitig auftretender höherer Frequenzen trotzdem noch auftreten. Aus diesen Überlegungen heraus konstruiere ich meine Woofer immer so, dass sie einige Millimeter vor ihrem mechanischen Endanschlag bereits keinen elektrischen Antrieb mehr haben. Und gestalte die Bauteile so, dass die Federhärte kurz vor Anschlag ansteigt. Bei der Federung von Autos hat man dafür die sogenannten "Puffer", meist kurze Pimmel aus gelbem PU-Schaum. Die wirkende Physik ist dieselbe, nur die Frequenzen sind etwas niedriger.

Gruß
KLaus
 
komet schrieb:
Die wirkende Physik ist dieselbe, nur die Frequenzen sind etwas niedriger.

und die Folgen grund verschieden. Der eine Durchschlag kostet den Woofer, der andere kann einen in ner schnellen Kurve von der Piste wehen ;)

Danke für die Erläuterung, sehr schön beschrieben.
 
komet schrieb:
ich versuchs mal einfacher:

das Vas gibt das eingeschlossene (Luft-)Volumen an, das in seiner (Gasdruck-)Federhärte der Summe der Einspannungshärten des Woofers (Sicke, Spinne) entspricht und federhärtenerhöhend auf die Membran wirkt. (Quasi-)statisch betrachtet. Man sollte bei Woofern, die nicht ausdrücklich für "Free Air" Betrieb ausgelegt sind, das Vas nicht überschreiten bei der Wahl seines geschlossenen Boxenvolumens. Leider sind sehr viele Woofer nicht "missbrauchssicher" konstruiert, was bei Free-Air-Betrieb die mechanische Belastung (Hub) deutlich früher als leistungsbergenzenden Faktor ergibt als die thermische. Diese Woofer brauchen die Federhärte des eingeschlossenen Luftvolumens des (dichten!) Gehäuses als zusätzliche Unterstützung.

Komplizierter wird es bei gezielt ventilierten Gehäusen (Bassreflex), die das Verhältnis von der Luftmasse im Rohr zur Luftmasse im Gehäuse zur gezielten Tilgung nutzen. Der Physiker Helmholtz hat das erstmals beschrieben. Die damit gebildeten Resonanzen wirken in einem engen Frequenzbereich federunterstützend auf den Woofer (weil die Luftmasse im Rohr gleichzeitig ins Gehäuse will, wie die Membran -> in Phase), wodurch er bei der Abstimmfreuqenz weniger Hub macht. Deshalb sollte die Abstimmfrequenz einer Bassreflexkonstruktion möglichst nahe der Freiluftresonanz (Fs) des Woofers liegen - dann hilft das BR am besten. Leider wirkt derselbe Resonator aber kontraproduktiv bei der halben Abstimmfrequenz, weil die Luft dann in umgekehrter Phase zur Woofermembran schwingt und der arme Woofer nun den doppelten Hub machen muss als geschlossen. Deshalb setzen manche Leute Subsonicfilter ein, die dem Woofer die Zufuhr von Frequenzen unterhalb der BR-Abstimmfrequenz abschneiden. Dann wird diese (für ihn mechanisch schädliche) Frequenz zwar nicht mehr zugeführt, kann aber durch Intermodulation verschiednener :thumbsup: gleichzeitig auftretender höherer Frequenzen trotzdem noch auftreten. Aus diesen Überlegungen heraus konstruiere ich meine Woofer immer so, dass sie einige Millimeter vor ihrem mechanischen Endanschlag bereits keinen elektrischen Antrieb mehr haben. Und gestalte die Bauteile so, dass die Federhärte kurz vor Anschlag ansteigt. Bei der Federung von Autos hat man dafür die sogenannten "Puffer", meist kurze Pimmel aus gelbem PU-Schaum. Die wirkende Physik ist dieselbe, nur die Frequenzen sind etwas niedriger.

Gruß
KLaus


Liest sich klasse. Verständlich. :thumbsup:
 
Stefan und klaus, sehr gut erklärt! Danke!
 
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