Verzerrungen durch Frequenzweichenkondensatoren

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Vorwort

Schon die bloße Erwähnung des Wortes "Verzerrungen" lässt vielen "Audiophilen" einen kalten Schauer über den Rücken laufen, denn sie haben aus sogenannten "Fachzeitschriften" und auch manchen Internetforen eingetrichtert bekommen: Verzerrungen = böse ;)
Dabei wird seitens der "Fachkundigen" in der Regel nicht unterschieden um welche Art von Verzerrung es sich handelt, und ob diese überhaupt hörbar ist. Dies hat vor allem zwei Gründe:
1. Kann man dem Laien nachvollziehbarer Weise nicht mit trockener Systemtheorie und höherer Mathematik begeistern - das ließt keiner freiwillig (Die meisten sind froh, wenn sie sich nach dem Schulabschluss nicht mehr mit Mathe rumärgern müssen)
2. Kann die Fachpresse so leichter ihre Werbekunden zufriedenstellen und wortgewaltige Klangbeschreibungen zu verzerrungsmindernden Wunderprodukten der Highendindustrie liefern, die den Musikliebhaber von ihren Qualen beim Musikhören erlösen sollen (Gelegentlich verschwinden auch Vorhänge ;) )

Auch bei Frequenzweichenkondensatoren gibt es einen breiten Markt mit einem gigantischen Angebot - auf der einen Seite gibt es Bauteile im Centbereich auf der anderen Seite bieten manche Hersteller die klangliche Offenbarung durch einen einzigen Kondensator weit im 3-Stelligen Euro-Bereich an.
Stellt sich nun die Frage: Was ist sinnvoll? (Und wie kann man - als Laie abschätzen wo einem ein Hersteller Kennwerte fürs gute Gewissen verkaufen will ohne der eigenen Autosuggestion aufzusitzen)

Diese Beitrag (wird in den nächsten Tagen stückweise erweitert - bitte nicht Antworten!) auch für Laien und Einsteiger nachvollziehbar erklären, wie es bei einem Frequenzweichenkondensator zu "Verzerrungen" kommt und was man sinnvoller Weise bei der Auswahl in Betracht zieht.

Parallel dazu wird es einen Beitrag mit Messungen geben, die die (relevanten) Unterschiede der einzelnen Kondensatordielekrika aufzeigen soll.
 
1) Ersatzschaltbild eines Kondensators:

Betrachten wir einen realen Kondensator, so unterscheidet sich dieser in seinem Ersatzschaltbild deutlich von einem idealen Kondensator, welche nur eine Kapazität besitzt.
Man spricht auch gerne von einem Verlustbehafteten Bauteil (und dieser Begriff ist bestens dafür geeignet manchen Highendern ein unangenehmes Gefühl und dem Marketing ein gutes Verkaufsargument zu geben) - in der Tat entstehen auch Verluste -nur wie schätzt man diese ein? Muss man sich sorgen machen, oder sind diese zu vernachlässigen (Wer deckt z.B. sein Weizenbierglas ab, damit ihm kein Verlust durch Verdunsten entsteht? ;) ).

Schauen wir uns mal ein solches Ersatzschaltbild an:





Auf den ersten Blick ist es etwas verwirrend - auf den zweiten Stellt man fest, das gewünschte Objekt (Die Kapazität "C"), von drei weiteren Bauteilen umgeben ist, welche wir gar nicht haben wollen :!:
Leider gibt es keine technischen Kondensatoren, die ohne diese "Bauteile" gebaut werden. Leider? Ganz so schlimm ist es dann doch nicht, wie wir später feststellen werden...

Aber schauen wir uns doch erst einmal an, um was es sich dabei im einzelnen handelt:

R_Isolation (Isolationswiderstand): In einem technischen Kondensator müssen die Kondensatorplatten voneinander Isoliert werden - dieses Material (sorgt unter anderem auch für die Kapazitätseigenschaften) isoliert aber nicht perfekt, was zu einem Leckstrom führt.
Für den Moment halten wir Fest: R_Isolation besitzt einen sehr großen Widerstandswert!

ESL (equivalente (gleichwertige)Serieninduktivität): Bauartbedingt hat jeder Kondensator Zuleitungen und Kondensatorplatten, welche sich beim Laden und Entladen wie eine Leitung verhalten => Jede Leitung hat eine Induktivität, auch wenn diese nur gering sein mag, sie ist da (Man will ja auch einen Kondensator bauen, und keine Spule) !
Für den Moment halten wir Fest: ESL hat einen kleinen Induktivitätswert!

ESR (equivalenter (gleichwertiger) Serienwiderstand): Ist eine Ohmsche Ersatzgröße und setzt sich aus 3 Komponenten zusammen (in der Tat handelt es sich hier um ein vereinfachtes Ersatzschaltbild :ugly:): Den Zuleitungswiderständen, den Plattenwiderständen und den (Ohmschen) Polarisationsverlusten (auch dazu später mehr). Das Zuleitungs- und Plattenwiderstände vorhanden sind, hat einen einfachen Grund: Die Leiter sind aus Kupfer/Aluminium/Silber, also möglichst niederohmig => Ausschlaggebend ist also das Material bzw. dessen Leitwert und dem Leitungsquerschnitt.
Halten wir auch hier Fest: ESR hat einen kleinen Widerstandswert!
 
2) Lineare Verzerrungen:

Jeder Kondensator verursacht lineare Verzerrungen, auch der "ideale Kondensator" :!: Schlimm? Keinesfalls - denn genau das soll er ja in einer Frequenzweiche machen! :D

Lineare Verzerrungen sind nichts schlimmes: Ein Idealer Verstärker z.B., der das Signal um den Faktor 10 Verstärkt macht auch eine Lineare Verzerrung: Das Eingangssignal Wird in seiner Amplitude verzerrt, jedoch in einem Linearen Zusammenhang. Jedes Signal das rein kommt, wird um den Faktor 10 vergrößert und genau das soll er ja auch.

=> Lineare Verzerrungen sind nichts schlimmes :!:
 
2.1) Linerare Verzerrungen an Kondensatoren:

Betrachten wir einen Kondensator in einer Frequenzweiche:




Diese Hochpassbeschaltung (1. Ordnung) haben viele sicher schon gesehen.

Der Kondensator soll das Musiksignal zu tiefen frequenzen hin reduzieren und zu hohen Frequenzen hin für den Hochtöner transparent werden, damit der Hochtöner nur die Frequenzanteile bekommt, für die dieser gedacht ist.
 
Berachten wir den Frequenzgang:




Das Signal kommt in Abhängigkeit der Frequenz mit unterschiedlicher intensität durch diesen Kondensator durch, dies geschieht in einem Linearen Zusammenhang zur Eingangsamplitude d.h. ein lautes Tieftonsignal wird um den selben Faktor reduziert, wie ein leises.
 
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