((( atom's ))) kleines REW-Kochrezept

((( atom )))

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So, ich wurde ja ab und an mal gefragt, ob ich nicht ein kleines Howto zu REW schreiben könnte und hier sind zumindest mal die Anfänge. Ich schreib's absichtlich nicht als PDF, da jeder herzlich eingeladen ist, seinen Senf dazu zu geben. Sollte mal was vernünftiges draus geworden sein, kann man ja immer noch ein PDF draus machen... REW bietet mit seinen vielen guten Ansichtsoptionen und vor allem mit seinem EQ-Wizard eine Menge Möglichkeiten, von denen ich hier einige mal versuchen werde, chronologisch sinnvoll zu beleuchten. Dieser Guide setzt auf jeden Fall ein wenig Grundkenntnisse mit der Materie voraus und soll vor allem für Leute sein, die REW und dessen Möglichkeiten mal ausprobieren und sich nicht ewig lange Einfrickeln wollen. Leider ist meine Zeit immer recht knapp, so dass ich im Moment nicht näher auf andere Features wie die Messung der Laufzeit eingehen kann. Ich gehe aber sicher davon aus, dass jemand, der den Guide gelesen und ausprobiert hat, praktisch auf Anhieb mit den entsprechenden Funktionen klar kommen wird. Wie gesagt, kann jeder diesen Thread gerne erweitern, kommentieren und Kritik üben...
Dann mal los!

Im Hauptfenster auf "Preferences" klicken um in das Einrichtungsmenü zu gelangen.
1_Preferences.png

Hier Die Soundkarte und ihre Parameter auswählen und zusätzlich, ob ein zweiter Kanal für Laufzeitmessungen genutzt werden soll, bzw. einfach welcher. Der Screenshot sieht unter Windows ein wenig anders aus, mir fehlt unter Linux gerade irgendwie der zweite Kanal. Na Ihr werdet ihn finden...

Im Reiter "Analysis" dann bei gewünschter Benutzung des zweiten Kanals das Häkchen "Use Loopback as Timing Reference" setzen. Es muss dann wie üblich der vorher ausgewählte zweite Kanal das Messsignal wieder zugeführt bekommen. Entweder mit einem Y-Kabel oder eben wirklich über den zweiten Ausgang, was meist wesentlich praktischer ist.
2_Analysis.png

Man kann natürlich noch jede Menge anderer Sachen einstellen, aber die machen eigentlich erst Sinn, wenn man schon mal etwas mit REW gemacht und seine eigenen Präferenzen kennen gelernt hat.

Dann kann es schon ans Messen gehen. Im Hauptfenster auf "Measure" klicken. Die Meldung, dass der SPL nicht kalibriert sei, ignorieren und wegklicken.
3_Messen.png

Hier den gewünschten Messbereich in Hz einstellen und die Länge auswählen. Als Länge haben sich bei mir die 512 k immer ganz gut gemacht, ist auch wieder Geschmacksfrage, aber je länger die Messung, desto weniger Störungen von Außen fließen mit ein. Da wir aber eine Menge Messungen machen werden, wird's irgendwann nervig.

Mit "Start Measuring" geht's also los und nach kurzem Sweep erscheint auch schon das Ergebnis:
4_Messergebnis.png

Zur besseren Darstellung kann man rechts oben unter "Limits" den Bereich 20 Hz bis 20 kHz auswählen.
5_Limits.png

Sieht dann so aus.
6_Messung_Limits.png

Im Menü Graph lässt sich das Ergebnis ein wenig glätten, was vor allem im Hochtonbereich meist vonnöten ist, um überhaupt was erkennen zu können. An dieser Stelle sollte 1/12 oder 1/24 ganz ok sein. Probiert's einfach aus.

Wenn ich jetzt eine weitere Messung mache, wird diese einfach im Hauptfenster links dazugestapelt.
Ich mach das ganze jetzt mal exemplarisch mit einer alten Messreihe durch. Ich habe ein 3 Wege System ohne Sub gemessen. Für jedes Chassis habe ich 5 Messungen gemacht, Positionen p1 - p5. p1 markiert meine eine äußerste linke (oder rechte) Messposition, in etwa 15 - 20 cm neben meinem Ohr, p5 entsprechend die gegenüberliegende Position. Wenn dann alles gemessen ist, kann man auf den Reiter "All SPL" gehen und bekommt alle Verläufe überlagert angezeigt. Das sieht natürlich erst mal wild aus..
7_Overlays.png

Dann blende ich unten mit den Checkboxen alle Messungen bis auf die eines einzelnen Chassis aus.
8_Overlays_einzeln.png

Man sieht jetzt sehr gut, wie sich der Frequenzgang des Chassis entlang der horizontalen Achse verändert.
Als nächstes versuche ich schlau draus zu werden. Die Positionen p1 und p2 markieren meinen Linken Sitzrand, die Positionen p4 und p5 den rechten. Hier sind meine Ohren und p3 schenke ich weniger Beachtung. Ich kann jetzt entweder diese vier Messungen direkt mitteln oder mich entscheiden, welche Messungen ich rausschmeiße. Hier kann und sollte man viel Zeit in die Interpretation investieren. Da ich die Sache für das Howto hier nur exemplarisch mache und hinterher nicht hören werde, mag ich mich hier auf die Schnelle vergreifen..

Als erstes verabschiede ich mich mal von der Messung p1, da mir diese vermutlich einen sehr heftigen Einbruch bescheren würde, den ich kaum noch ausgleichen könnte. p3 markiert die Mitte zwischen meinen Ohren und kann ebenfalls raus.
Jetzt mittele ich mit "Average the Responses" die verbleibenden Messungen und erhalte "Average 1" und benenne das mal in "avg mid r" um.
9_avg_mid_r.png

Jetzt gehe ich wieder oben auf den Reiter SPL & Phase um mir den Verlauf einzeln anzeigen zu lassen. Ich kann unter Graph - Apply smoothing noch etwas glätten, da ich ja nicht jede kleine Spitze einzeln begradigen möchte. Ich nehm mal 1/6.
10_avg_mid_r_glatt.png

Jetzt gehe ich oben auf EQ und ein neues Fenster "EQ for measurement ..." geht auf. Hier wähle ich meinen EQ aus - in meinem Fall also "Generic" und lege meine Zielfunktion fest. Hier wird jeder eine andere bevorzugen, ich lasse sie hier mal konstant zwischen 200 Hz und 20 kHz um insgesamt 5 oder 6 dB fallen. Mit dem Regler Target Level schiebe ich sie so, dass ich mit meinem EQ möglichst wenig dazugeben, sondern hauptsächlich absenken muss. Auch hier wird jeder andere Vorlieben haben. Als Filter Task hätte ich gerne den Bereich zwischen 200 Hz und 10 kHz angepasst, mit maximal 3 dB Gain insgesamt und auch nicht mehr als plus 3 dB eines einzelnen EQ-Bandes. Am liebsten hätte ich die ganze Sache auf 1 dB linear, ich denke mal, die Funktion dient in erster Linie dem gezielten einsparen von Bändern/Eingriffen..
11_EQ.png

"Match Response to Target" errechnet mir nun endlich den Filter und zeigt mir so allerlei dazu an.
12_EQ_Prediction.png

Ich blende mal die Filter aus und bekomme praktisch eine vorher/nachher Ansicht.
Bildschirmfoto vom 2014-02-07 10:37:19.png

Ein Klick auf EQ Filters öffnet mir eine Liste mit den errechneten Filtern, die ich mir mal nach Frequenz sortiere. Diese Filter kann ich nun in meine HU, meinen DSP oder sonstwo eingeben. In meinem Fall geht die Sache noch einen Schritt weiter und ich erstelle mir aus dem Filter einen Impuls, mit dem sich ein Convolver füttern lässt, aber ich schätze, das wird hier weiter keinen interessieren...
13_EQ_Einstellungen.png

Ok, soweit erst mal, ich hoffe, es ist einigermaßen nachvollziehbar. Viel Spaß beim Experimentieren!
 

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Ernstgemeinte Frage? Ist das wirklich immer noch sooo wenig verbreitet? REW ist der Room EQ Wizard. Ein komplett freies und meiner Ansicht nach wirklich hervorragendes Tool für akustische Messungen, Raumsimulationen, semi-automatische EQ-Einstellungen, etc. Gibts hier, leider nervigerweise nur, wenn man sich kurz im Forum anmeldet. http://www.hometheatershack.com/roomeq/
 
Das ist ein Audio-Messprogramm das wunderbar mit den MiniDSPs und anderen Prozessoren zusammenarbeitet.
Bietet aus meiner Sicht recht interessante Möglichkeiten, mit denen ich mich gestern das erste Mal auseinander gesetzt hatte.
Denn das OA UMIK1 wird hier blendend unterstützt, man kann zB die mitgelieferte Kalibrierungsdatei direkt reinladen und in Verbindung mit einem MiniDSP auch direkt die Filter auf den Prozessor schreiben lassen, etc.

@atom
Super Anfang soweit! :thumbsup:
Soweit war ich gestern nach Try&Error auch schon, bis auf die Details, die wir hier gerne erweitern können.
Auch LZK- und Phasenmessung wäre dann von großem Nutzen.
Ich freunde mich mit REW immer mehr an, das wird ziemlich sicher Praxis auf Dauer ersetzen.. :liebe:
 
Waaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!!!


GEIL!!!

Danke Nico!!!! :beer:
 
Mir gefällt der Gedanke einfach je Kanal x Messungen vorzunehmen und dann gaaanz gechillt auf der Couch mit nem Bierchen die Ergebnisse analysieren und die Filter berechnen lassen, die ich dann in den DSP einspiele, beim MiniDSP auf Knofpdruck..
Heisst für mich: Mein nächster DSP ist ein MiniDSP.. :ugly:
 
naja auch mit einem der anderen dsps hilft die software doch ziemlich deutlich. der eq-wizzard spukt dir ja die kompletten parameter aus. dann muss man nur noch eintippen, file aufspielen und probe hören bzw. nochmal drüber messen.
ich denke das fragezeichen dabei ist: wie parametrisiere ich diesen eq-wizzard ideal? z.B. muss es eine liniearität von 1db sein oder erreicht man vll auch 2db ein gutes niveau -dafür aber mit weniger eingriffen?
 
Und was will mir die EQ-Korrekturenliste genau mitteilen? Das hab ich noch nicht ganz begriffen, aber nungut, dafür hatte ich auch nur wenige Minuten genehmigte Fremdbeschäftigungszeit als Anteil des Freizeitkontingents.. :ugly:
 
Die Korrekturenliste zeigt die an, welche EQ-Einstellungen nötig wären, um auf Deine gewählte Zielfunktion zu kommen. Das wird ja auch simuliert und Du kannst in der Liste sogar Änderungen vornehmen und sieht live die Auswirkungen im Bezug auf Deine Messungen in dem Fenster das bei mir vorher/nachher heißt.
 
Ja, schlecht formuliert: Konkret, was heisst Filter-Type "PK"? :kopfkratz:
Den Rest versteh ich.. :)
 
Also die wichtigsten sind dort die Parameteischen und die Low- und High-Shelves. Hab's gerade nicht vor mir, aber Du kannst sie ja ausprobieren und siehst eigentlich gleich, welches Kürzel was macht.
 
PK steht ganz simpel für Peak ;)

habe mich letztes jahr auch mal bissle mit den möglichkeiten der EQ berechnung mit REW beschäftigt! funktioniert soweit echt ganz gut! Wenn man seine eigene Zielfunktion gefunden hat und die passenden Parameter zur Filterberechnung drin hat.

Eine restwelligkeit von 1dB ist hier nicht nötig dafür sind meist doch recht viele EQ eingriffe nötig, hier zählt wie so oft, weniger ist mehr ;)
Eine restwelligkeit von 2dB hat bei mir am besten funktioniert als kompromiss zwischen EQ eingriff und tonaler richtigkeit!

Problem bei REW ist, wie auch jeder anderen automatischen einmessung/berechnung, dass manchmal auch sachen korrigiert werden, die so nicht zu korrigieren sind (bspw. das typische 500Hz bzw 150Hz) loch in vielen 2-Wege Systemen.
 
Könnte man solche einbaubedingten Problemzonen ignorieren lassen? :kopfkratz:
 
Super genau auf so etwas habe ich gewartet hatte bisher keine zeit mich dem mal zu widmen :)
 
Problem bei REW ist, wie auch jeder anderen automatischen einmessung/berechnung, dass manchmal auch sachen korrigiert werden, die so nicht zu korrigieren sind (bspw. das typische 500Hz bzw 150Hz) loch in vielen 2-Wege Systemen.
Na deshalb mach ich ja so viele Messungen. Wenn man seinen Einbau kennt und die Messungen in Ruhe auswertet, weiß man ja um beispielsweise so'n Loch und nimmt das einfach aus der Filterliste raus.
 
Großer Vorteil an der Messmethode in Zusammenhang mit der Overlay-Darstellungsmöglichkeit ist überigends auch die Möglichkeit, den Einbauplatz anhand der F-Gang Variationen über die horizontale Achse zu beurteilen. Ich müsste eigentlich bei Gelegenheit man die Mitteltöner anders verbauen. Es klingt zwar sehr gut, aber wenn man zu weit links kommt mit dem Kopf fällt man in das zu sehende Loch. naja, derzeit hat die Karre eh Winterurlaub ;)
 
Ach so, falls jemand bock hat, mit meinen Messungen mal rumzuspielen, bevor er sich die Mühe an's Bein bindet, dem kann ich die gern schicken. Oder kann ich die hier direkt anhängen? Ist eine Datei für alle Messungen...
 
Zippen und hochladen ist das einfachste - ich nehm sie dankend an.. :thumbsup:
 
Wow! Klasse dass Du den REW hier erklärst!
 
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