Rechtliches - der Kauf allgemein und im Internet

DerFlo

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Flo(rian)
In letzter Zeit las ich öfter von rechtlichen Problemen hier im Forum. Dabei fiel mir auf, dass einigen Usern die rechtlichen Grundlagen zum (Gebraucht-)Kauf fehlen. Um diese Lücken zu schließen, will ich hier einiges an Grundlagen zusammenfassen.
Dies soll keine Rechtsberatung darstellen, sondern lediglich einen Überblick über die geltende Rechtslage geben.

Der Kaufvertrag


Zunächst ein paar kleine Basics.

Der Kaufvertrag ist in den §§ 433 ff. BGB geregelt. Hierbei ist zu beachten, dass nicht nur schriftlich geschlossene Verträge Kaufverträge im Sinne des Gesetzes sind, sondern alle! Käufe von beweglichen Sachen, die getätigt werden. Unabhängig von der Form.
Es unterfallen somit sowohl der festgehaltene Kauf des Autos, als auch der Kauf der Brötchen beim Bäcker unter die Regeln des BGB.
Wer also denkt, ein per Handschlag getätigtes Geschäft sei kein Kaufvertrag, liegt hier falsch. (bei teuren Sachen ist aufgrund der Beweiskraft dennoch die Schriftform anzuraten)
Basierend darauf kommt ein Kaufvertrag durch zwei aufeinander abgegebene, übereinstimmende Willenserklärungen zustande (Angebot und Annahme). Hierbei ist zunächst mal irrelevant, wann und wer das Angebot und wer die Annahme ausspricht, die Pflichten des Kaufvertrags treffen beide Parteien. Irrelevant ist auch, ob nun der Käufer das Angebot an den Verkäufer macht, ihm etwas abzukaufen, oder der Verkäufer dem Käufer etwas zum Kauf anbietet.
Zu beachten ist hier aber: Sind Angebot und Annahme erstmal abgegeben, ist der Kaufvertrag bereits zustande gekommen!

Ein späteres Zurücktreten von diesem Vertrag ist in der Regel nicht ohne Weiteres möglich. Die Voraussetzungen des normalen Rücktritts sind in § 323 BGB geregelt. Hiernach muss eine Vertragspartei sich vertragswidrig verhalten haben, einfach nur mangelndes Geld auf Käuferseite gibt also keinen Anspruch auf Rücktritt. Habt ihr also plötzlich kein Geld/wollte plötzlich eure heißgeliebte Endstufe behalten, habt aber schon einem Kauf zugesagt, so hängt es von der Kulanz der anderen Vertragspartei ab, ob ihr euch noch vom Vertrag lösen dürft.

Die aus dem Vertrag resultierenden Pflichten, bezeichnet § 433 I bzw II BGB genauer, und zwar muss der Verkäufer dem Käufer die Sache in mangelfreiem Zustand übergeben, der Käufer selber wiederum ist zur Kaufpreiszahlung verpflichtet.

Der Mangel


Wir gehen hierbei zunächst vom Neukauf aus.
Ist eine Sache nun mangelhaft (geregelt in § 434 BGB für den Sachmangel), habt ihr als Käufer mehrere Rechte.

Ein Mangel indes liegt kurz gesagt dann vor, wenn die Sache nicht zum gewöhnlichen Gebrauch geeignet ist. Sie darf in ihrer IST-Beschaffenheit also nicht von der SOLL-Beschaffenheit abweichen.

Die Rechte beim Mangel


Ist die Sache nun mangelhaft, kann der Käufer nun die in § 437 BGB geregelten Rechte geltend machen.
Er kann zunächst Nacherfüllung, also Nachbesserung durch den Verkäufer verlangen. (siehe näher § 439 BGB) Weiterhin kann er von dem Vertrag zurücktreten, wodurch die empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind (§ 346 BGB) oder den Kaufpreis mindern. (näher § 441 BGB)
Schlussendlich darf er unter bestimmten Voraussetzungen auch Schadensersatz verlangen.
Üblicherweise verjähren diese Ansprüche in zwei Jahren, wie in § 438 BGB nachzulesen.

Kurz: die oben bezeichneten Regelungen stellen die gesetzliche Gewährleistung dar. Diese gilt sowohl beim Neu- als auch beim Gebrauchtkauf.

Der Kauf vom Privaten


Kauft ihr nun von Privatpersonen, so kann der Verkäufer die Gewährleistung ausschließen.
Dies ist relativ unproblematisch möglich und begründet sich in dem Vorrang der Individualabrede des bürgerlichen Rechts. Dies hat übrigens mit AGB wenig bis nichts zu tun. Üblicherweise sind die Gewährleistungsausschlüsse der Verbraucher (des Privaten also) keine AGB.
Übrigens: Auch hier im Flohmarkt gilt das deutsche Recht! Wer also denkt, nur weil er im Fuzzi verkauft, müsse er die Gewährleistung nicht ausschließen, liegt falsch!
Kurz am Rande: bei eBay liest man öfter, dass dieser Gewährleistungsausschluss aufgrund der "neuen Schuldrechtsreform" bzw. aufgrund des "neuen EU-Rechts" vorgenommen werden muss, dies ist Quatsch. Auch früher mussten Verbraucher schon Gewährleistungspflichten übernehmen. Das angesprochene EU-Recht hat mWn. eher die Rechte des Verbrauchers gestärkt!

Der Kauf vom Händler


Will der Händler nun seine Gewährleistungspflichten ausschließen, so darf er dies nicht. Nach § 474 BGB darf ein Händler gegenüber dem Privaten für neue Sachen nicht nachteilig von der gesetzlichen Gewährleistung von zwei Jahren abweichen. Für gebrauchte Sachen muss er weiterhin ein Jahr die Gewährleistung übernehmen.
Erwähnenswert ist auch noch die in § 446 BGB geregelte Beweislastumkehr. Taucht also in den ersten sechs Monaten ab Kauf ein Mangel in eurer neu erworbenen Sache auf, so muss der Händler beweisen, dass dieser Mangel bei Übergabe der Sache noch nicht vorgelegen hat. In der Praxis erweist sich dies oft als schwierig. Nach diesen Sechs Monaten müsst ihr beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe (rechtstechnisch auch von Gefahrübergang gesprochen) vorlag.



eBay


Viele der Probleme im Forum gehen auf eBay zurück.
Um eBay zu verstehen, sollte man sich zunächst im Klaren darüber sein, dass die „Auktion“ bei eBay rechtlich gesehen ein Kaufvertrag ist. (Begründung etc. sind nicht ganz leicht, erspare ich euch daher an dieser Stelle mal) Man hat also die gleichen Rechte, die man auch gegenüber einem ortsansässigen Verkäufer hätte, bei dem man persönlich kauft.
Man hat somit bei eBay fast die gleiche rechtliche Situation wie bei einem Onlineshop. Dies ist zu beachten!


Der Widerruf


Dem Privaten (also Verbraucher) steht bei gewissen Arten von Verträgen ein Widerrufsrecht zu. Dies regeln die §§ 355 ff. BGB.
Insbesondere ist hier der Fernabsatzvertrag, § 312d BGB, zu nennen. Unter diesen fallen vor allem die Onlinegeschäfte. Hintergrund des Widerrufsrechts ist übrigens, dass man die Ware anders als beim Kauf vor Ort nicht in Augenschein nehmen kann. Der Gesetzgeber räumt dem Verbraucher hier also die Möglichkeit ein, die gekaufte Sache bei sich anzugucken und im Zweifel zurückzugeben.
Hierbei wird sehr auf Verbraucherfreundlichkeit geachtet, zum Leidwesen der Händler. Widerruft man nämlich sein Geschäft, so hat der Händler sämtliche anfallende Versandkosten zu zahlen. Allerdings kann er für günstige Artikel bis 40 € diese dem Kunden auferlegen.
Zum Widerruf reicht das kommentarlose Zurücksenden der Ware aus, im Interesse einer schnellen Abwicklung sollte man den Händler aber wenigstens per Mail von der Widerrufsabsicht in Kenntnis setzen. In der Regel hat man hier zwei Wochen Zeit. (u.U. auch mehr)
Die Frist richtet sich maßgeblich danach, ob der Händler ordnungsgemäß über die Widerrufsmöglichkeit informiert hat. Wie die ordnungsgemäße Information auszusehen hat, kann man ab 11. Juni 2010 in § 360 BGB nachlesen. Momentan noch in der BGB-InfoVO geregelt.

Hat nun jeder ein Widerrufsrecht, egal, wo ich kaufe? Mit anderen Worten, hat der Verbraucher, der Privat auf dem Flohmarkt/bei eBay Dinge verkauft die Pflicht, sie zurückzunehmen?
Nein. Das gesetzliche Widerrufsrecht gilt wie § 355 BGB sagt nur für Fernabsatzverträge. Diese sind in § 312 b legaldefiniert als Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (im Übrigen auch die aufgezwängten Verträge über Telefon fallen hierunter).
Seid ihr also keine Händler, so steht euren "Kunden" kein Widerrufsrecht zu.
Widerruft ihr nun euren Vertrag, so müsst ihr natürlich das Erlangte zurückgeben und erlangt dafür euren Kaufpreis zurück. (§ 357 BGB)

Nicht alle Kaufverträge sind jedoch widerrufbar. § 312 d IV BGB nennt hier einige Ausnahmen. Neben verderblicher Ware und Lotteriegewinnen, sind hier vor allem individuell gefertigte Sachen zu nennen. Hat euer Händler euch somit ein speziell angefertigtes Gehäuse oder einen Zierring o.Ä. angefertigt, so dürft ihr diesen nicht einfach zurückschicken, nur weil euch plötzlich auffällt, dass ihr euch vermessen habt.

Garantie und Gewährleistung

Oft werden die Begriffe Garantie und Gewährleistung durcheinandergeschmissen, rechtlich sind sie jedoch völlig unterschiedliche Begriffe.
Zunächst die Gewährleistung, sie gilt per Gesetz und gibt dem Käufer die in §§ 437 ff. BGB geregelten Rechte. Inhalt der Gewährleistung ist, dass die gekaufte Sache ab Gefahrübergang (= Übergabe der Sache, näheres dazu später) die vereinbarte Beschaffenheit hat, üblicherweise also heile ist. Beweisen muss dies jedoch der Käufer. Kauft man nun von einem Händler, so tritt § 474 bzw. § 475 BGB in Erscheinung. Hierdurch gilt eine gesetzliche Vrmutung innerhalb der ersten sechs Monate ab Kauf hinsichtlich dessen, dass die Sache bereits bei Übergabe defekt war. Praktisch gesehen muss also hier der Händler nachweisen, dass die Sache nicht defekt war.

Die Garantie selber ist nun eine freiwillige Leistung über die Gewährleistung hinaus. Ohne auf die rechtlichen Besonderheiten einzugehen, bedeutet eine Haltbarkeitsgarantie (die üblicherweise vorliegt), geregelt in § 443 BGB, trifft nun den Garantiegeber die Beweislast, da vermutet wird, dass ein eingetretener Mangel die Rechte aus der Garantie auslöst., siehe § 443 II BGB.
Häufig ist es so, dass der Händler für die Gewährleistung aufkommt, die Garantie jedoch direkt vom Hersteller gegeben wird. Kann im Einzelfall auch anders aussehen. Wichtig ist noch: Da die Garantie rechtlich gesehen ein eigener Vertrag ist und eben auf Freiwilligkeit beruht, kann der Garantiegeber die Bedingungen des Vertrages aushandeln, wie er will (zum Beispiel Garantie nur dann, wenn immer der Service beim Fachhändler gemacht wurde).


Zu den Besonderheiten beim Kauf im Internet später mehr. (insbesondere Versendungskauf/Gefahrübergang)
Vielleicht auch noch kurz etwas zu AGB.

Fragen und Anregungen sind gerne gesehen.

Grüße

Flo
 
Re: Rechtliches

§312d Abs. 4 Nr. 1 BGB solltest du vielleicht in Hinsicht auf gedrehte Teile noch mit Aufnehmen. ;)
 
Re: Rechtliches

Widerrufsrecht will ich wie gesagt noch gesondert machen. Zu § 312 d IV Nr. 1 BGB waren mir übrigens spontan Gehäuse eingefallen, die vom Händler für den Kunden gebaut werden. Aber du hast recht, gedrehte Teile sind da natürlich noch prädestinierter für.

Was mir gerade einfällt, es kommt auch noch ein wenig zum Unterschied Garantie - Gewährleistung.

Grüße

Flo
 
Re: Rechtliches

Hi Flo,

würde noch tiefer in die Basics gehen...

Ein Kaufvertrag entsteht durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen!

Beispiel hier im Forum:

- User 1 verkauft was im Flohmarkt
- User 2 schreibt User 1 eine PN: "für Summe X nehme ich es"
- User 2 schreibt: "OK, ist ein Deal"

Hier ist der Kaufvertrag bereits rechtskräftig.

Das "vergessen" viele Käufer... denn danach kommt: "Ach ne, kann grad nicht", "Auto hat einen Schaden", "musste ein Knölchen bezahlen", etc... :hammer: :ugly:

Ist alles Kulanz des Verkäufers, ob er vom Kaufvertrag zurücktritt, oder nicht! :hippi:
 
Re: Rechtliches

Dr. Moriarty schrieb:
Ein Kaufvertrag entsteht durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen!

Beispiel hier im Forum:

- User 1 verkauft was im Flohmarkt
- User 2 schreibt User 1 eine PN: "für Summe X nehme ich es"
- User 2 schreibt: "OK, ist ein Deal"

Gute Idee, darauf aufbauend kann ich noch ein wenig was zur Werbung sagen. ("invitatio ad offerendum").

Grüße

Flo



So, Vorschlag umgesetzt und den Widerruf hineineditiert.
 
Re: Rechtliches

DerFlo schrieb:
Dr. Moriarty schrieb:
Ein Kaufvertrag entsteht durch 2 übereinstimmende Willenserklärungen!

Beispiel hier im Forum:

- User 1 verkauft was im Flohmarkt
- User 2 schreibt User 1 eine PN: "für Summe X nehme ich es"
- User 2 schreibt: "OK, ist ein Deal"

Gute Idee, darauf aufbauend kann ich noch ein wenig was zur Werbung sagen. ("invitatio ad offerendum").

Hatte das Beispiel schon bewusst so gestaltet, dass die "Auffrderung zur Abgabe eines Angebotes" nicht zum Tragen kommt... ;)

Hab auch die leise Befürchtung, dass das alles zu tief in die Materie führt und kein Mensch liest sich das durch... :ugly:

Man wäre auch ganz schnell bei Schuld- und Sachenrecht (Stichpunkt: "subjektive Unmöglichkeit"...etc..)
 
Re: Rechtliches

Da hast du recht... Die Gefahr sehe ich auch, gerade weil mir in diesen Dingen mittlerweile der Blick für's Wichtigste fehlt, stecke zu tief im Sumpf des BGB :ugly: (ich sag nur Unterschied Erfüllungs-, Erfolgs- und Beliegenheitsort ;) )
Daher bitte auch um Hinweise, wenn etwas zu umfangreich, bzw. zu unverständlich wird. Was ich momentan zusammenschreibe ist 1.-3. Semester Jura und ich versuche es schon möglichst einfach zu halten.

Im Sachenrecht werde ich hoffentlich nicht so schnell landen (wobei, ein wenig EBV... :hammer: )

Dr. Moriarty schrieb:
Hab auch die leise Befürchtung, dass das alles zu tief in die Materie führt und kein Mensch liest sich das durch... :ugly:

Ich hoffe, dass ich durch meine Überschriftenwahl ein wenig zur Übersicht beitrage... Wenn's keiner liest wär's schade drum, aber in letzter Zeit gab es einfach so viele Rechtsthemen hier, dass ich einfach mal ein wenig was zusammenschreiben wollte. (und ein wenig Arbeit ist das Ganze ja auch)

Grüße

Flo
 
Re: Rechtliches

DerFlo schrieb:
Beliegenheitsort ;) )

lex rei sitae? :D :D :D

Geht, so schwer ist es nicht.. 1-2 Semester Wirtschaftsrecht... ;)

Hat man das Abstraktionsprinzip verinnerlicht, klappt's auch mit dem Sachenrecht..
 
Re: Rechtliches

Dr. Moriarty schrieb:
Geht, so schwer ist es nicht.. 1-2 Semester Wirtschaftsrecht... ;)

Hat man das Abstraktionsprinzip verinnerlicht, klappt's auch mit dem Sachenrecht..

8 Semester Jura ;) (momentan in der Examensvorbereitung)
Das Abstraktionsprinzip werde ich hier aber nicht weiter ausführen, sonst wären die nicht juristisch vorgebildeten vollends verwirrt...

Das Sachenrecht macht mir nicht viele Probleme, im Sachenrecht ist der Beliegenheitsort üblicherweise auch keine großen Probleme, eher im Schuldrecht... Bei näherem Interesse gerne PN.



Ein wenig zur Garantie und Gewährleistung hinzugefügt.

Grüße

Flo



Ich push das Ganze hier mal, da wieder vermehrt Fragen gestellt werden, die sich nach ein wenig Selbststudium hier von selbst erledigen könnten.
Wäre auch schön, wenn mal ein Rechtsmoderator hier 'rüberschauen könnte, bin eben doch nur Student.

Grüße

Flo

EDIT:

Ok, kann hier nicht pushen...
 
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